News | Newsletter | Einsätze | Feuerwehr-Markt | Fahrzeug-Markt | Fahrzeuge | Industrie-News | BOS-Firmen | TV-Tipps | Job-Börse |
Rubrik | Sonstiges | zurück | ||
Thema | worst case Szenarien | 9 Beiträge | ||
Autor | Andr8eas8 Q.8, Stockdorf / Deutschland | 361554 | ||
Datum | 19.09.2006 13:24 MSG-Nr: [ 361554 ] | 4333 x gelesen | ||
Hallo Zusammen, Danke für Eure Anmerkungen! Ich habe mich wohl nicht deutlich ausgedrückt, mir mangelt es nicht an möglichen Situation / Szenarien, sondern dann an der ausformulierung der best bzw. worst cases. Ich habe mal jetzt eine geschrieben: ***** Situation ?Bewusstlose Person? ***** Am späten Nachmittag beobachtet ein Lehrgangsteilnehmer, wie, ca. 100 m vom Lager entfernt, plötzlich eine männliche Person an der Mole zusammenbricht und regungslos am Boden liegen bleibt. Daneben steht hilflos eine Frau im mittleren Alter. ______ Worst case: Der Lehrgangsteilnehmer, selbst ausgebildeter betrieblicher Ersthelfer, reagiert sofort, greift sich einen Notfallrucksack und die Sauerstofftasche und begibt sich direkt an die Unglücksstelle. Vor lauter Aufregung vergisst dieser jedoch die Beobachtung der Leitstelle zu melden und den externen automatisierten Defibrillator (AED) mit zunehmen. Angekommen beim Patienten erfolgt der Diagnostische Block: Kontrolle von Bewusstsein, Atmung und Kreislauf. Schnell wird ihm klar, es handelt sich um eine Reanimation. Er startet die Herz-Lungen-Wiederbelebung. Durch den Trubel an der Mole auf das Ereignis aufmerksam geworden reagieren andere Lehrgangsteilnehmer. Die Leistelle erhält ebenfalls davon Kenntnis und setzt einen Notruf über 118 ab. Da ausgerechnet jetzt niemand greifbar ist, der italienisch kann, dauert es mehrere Minuten bis man dem Disponenten die Situation schildern kann und seinen eigenen Standort exakt beschreiben kann. Nicht bedacht wird, dass der Unglücksort nicht mit Fahrzeugen befahrbar ist, was zur Folge hat, dass sich die Mitarbeiter des öffentlichen Rettungsdienstes zu Fuß an die Einsatzstelle begeben müssen. Es wird kein Treffpunkt vereinbart um die professionellen Helfer durch Einweiser an die Stelle zu lotsen. Wieder werden wertvolle Minuten verloren gehen. Zur Erinnerung: pro Minute sinken die Überlebenswahrscheinlichkeiten bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand um bis zu 10 %. Mittlerweile ist ein routinierter Notfallsanitäter mit dem AED auf dem Weg zur Unterstützung des Kollegen. Unmittelbar nachdem er den Patienten erreicht, möchte er den AED am Patienten anbringen. Da stellt er fest, dass die Brust des Patienten so stark behaart ist, dass selbst die großflächigen Klebeelektroden des AED nicht halten. Er sucht verzweifelt nach einem Einmalrasierer, kann aber keinen finden. Er entschließt sich deshalb, mit Basismaßnahmen weiter zu machen und begibt sich an den Kopf des Patienten um die Beatmung zu übernehmen. Leider besteht im Team keine Einigung darüber in welchem Verhältnis Beatmung zu Herzdruckmassage (2:15 oder 2:30) steht. Der Notfallsanitäter kann sich nach einer kurzen, aber heftigen Diskussion durchsetzen und gibt 2 Beatmungen zu 30 Herzdruckmassagen vor. Sauerstoff wäre gut, denkt sich der Notfallsanitäter, doch wurde nicht bedacht, dass der Anschluss am Beatmungsbeutel nicht kompatibel mit dem an der Sauerstoffflasche ist. Dies irritiert den Helfer dermaßen, so dass er in der Folge nicht bemerkt, dass sich der Brustkorb des Patienten bei seinen Beatmungsversuchen nicht hebt und somit insuffizient sind. Die abgegebene Luft landet im Magen, vermischt sich mit den Essensresten und führt dazu, dass sich nun ein Großteil des Mageninhaltes im Mund- und Rachenraum sammelt. Absaugen, aber womit? Es gibt keine Absaugpumpe. Nach 18 Minuten trifft nun der Rettungswagen ein und die Sanitäter sind sehr überrascht, eine laufende Reanimation vorzufinden. Sind sie doch davon ausgegangen, dass es sich um einen Sonnenstich handelt, deshalb ist auch kein Notarzt mit dabei. Sie alarmieren einen Notarzt nach, übernehmen die Reanimation, erkennen jedoch über das EKG eine Asystolie (keine Herzaktivität) und stellen deshalb kurz nach Eintreffen des Notarztes die Reanimation ein. Während der ganzen Zeit blieb die weibliche Begleitung des Verstorbenen unbeachtet, man ist sich unsicher, wie man sich ihr gegenüber verhalten soll. Die beiden Helfer des ULG ziehen sich nach Eintreffen des Rettungsdienstes rasch zurück und verweigern jedes Gespräch. Nur in diesem Punkt sind sie sich einig: Schuld haben die anderen, sie haben alles gut gemacht. Außerdem sind sie diese Art von Einsätzen gewohnt, haben deshalb auch keinen Bedarf an einer strukturierten Einsatznachbesprechung. _______ Best case: Der Lehrgansteilnehmer, der den Vorfall beobachtet, macht sofort Meldung an die Leitstelle. Die Leitstelle verständigt daraufhin sofort den S7 über Funk, parallel dazu tätigt der Dolmetscher der Leitstelle den Notruf über 118. Dabei hält er sich strikt an die Vorgaben zum Absetzen des Notrufes (siehe Checkliste). Für den Fall, dass sich kein italienisch sprechender Student in der Leistelle befindet, sind vorbereitete Textbausteine auf italienisch vorhanden): Checkliste absetzten Notruf über Telefon 118: ? Wo ist der Unfallort? ? Was ist passiert? (medizinischer Notfall, Feuer, Elektrounfall, u.a.) ? Wie viele Verletzte brauchen Hilfe? ? Welche Art von Verletzung/Erkrankung? (Brustschmerz, starke Blutung u.a.) ? Wer meldet (Angabe des eigenen Namens, Rückrufnummer angeben und gewährleisten, dass jemand erreichbar ist (Handy!)) ? Wie kommt der Rettungswagen zum Verletzten (Zufahrt angeben, Lotsen bereitstellen und Treffpunkt vereinbaren) ? Warten auf Rückfragen (nicht auflegen) Der S7 schickt sofort die per Dienstplan eingeteilten zwei Sanitäter an die Unglückstelle. Diese haben zuvor bei Dienstübernahme ihre Notfallausrüstung auf Vollständigkeit und Funktionsfähigkeit hin überprüft und den Status dokumentiert. Zusätzlich organisiert der S 7 den Lotsendienst für den öffentlichen Rettungsdienst und postiert zusätzliche Einweiser vom Treffpunkt bis zur Einsatzstelle. Das medizinische Team erreicht nach ca. 90 Sekunden den Patienten, prüft die Vitalfunktionen, macht den Oberkörper des Patienten frei und erkennt den Herz-Kreislaufstillstand. Während der Helfer 1 sofort die Beatmung und Herzdruckmassage im Verhältnis 2:30 übernimmt, schließt sein Kollege den Sauerstoff an und beginnt damit, die starke Brustbehaarung des Patienten mit einem Rasierer zu entfernen. Dies geht zügig und so kann nach weiteren 80 Sekunden der AED eine erste Analyse starten. Das Gerät erkennt Kammerflimmern und empfiehlt eine Schockabgabe. Der Helfer 1 vergewissert sich, dass niemand den Patienten berührt und löst den Schock aus. Das Gerät analysiert und empfiehlt nun keinen Schock. Helfer 1 überprüft Atmung und Kreislauf. Es lässt sich deutlich ein Puls an der Halsschlagader tasten, Atembewegungen sind derzeit jedoch keine vorhanden. Deshalb übernimmt der Helfer am Kopf die kontrollierte Beatmung, der Helfer 2 überprüft durch die Messung des Blutdruckes ob die Herzaktivität auch zu einem Auswurf von Blut führt: RRsyst. 80 mmHG. Nicht so schlecht. Der Rettungsdienst trifft ein, er hat nur 6 Minuten gebraucht, dank der guten Einweisung und exakten Schilderung der Situation. Mittlerweile ist dem S7 auch die weibliche Begleitung aufgefallen, die völlig hilflos und geschockt der Situation ausgeliefert ist. Es stellt sich rasch heraus, dass es sich um ein Ehepaar aus Österreich handelt, welches aber mit Familie in Triest lebt. Ausgebildete KIT Mitarbeiter des ULG übernehmen die Betreuung der Ehefrau, die nach ca. 40 Minuten von ihrem Sohn abgeholt wird. Dem Sohn wird die Situation geschildert und er erhält Kontaktdaten zu psychosozialen Einrichtungen in der Umgebung von Triest für den Fall, dass seine Mutter in den nächsten Tagen oder Wochen übermäßig auf das Erlebte reagiert. Das ausgebildete SvE-Team (Stressverarbeitung bei Einsatzkräften) klärt den Betreuungsbedarf bei den Helfern des ULG. Erkennen jedoch, dass es ausreichend ist, den Einsatzablauf aus der operativen Sicht nachzubesprechen, da der Einsatz gut verlaufen ist und deshalb keine außergewöhnliche Belastung für die erfahrenen Helfer darstellt. ***** wundert Euch nicht, manches ist verwirrend. Ich brauche das im Rahmen meines Stdiums, das ist in Österreich, die Situationen spielen in Italien, daher das durcheinander mit Begriffen. Also wenn jemand noch eine ähnliche Geschichte erzählen möchte... :-) viele Segelboote nach Sturm kentern, MANV, Seenotrettung... Schönen Tag noch! Gruß Andreas | ||||
<< [Master] | antworten | >> | ||
flache Ansicht | Beitrag merken | alle Beiträge als gelesen markieren | ||
|
|