Hallo Jürgen,
auch beim Thermometer gilt: Es bringt nur was, wenn ich mit dem Messwert auf etwas anfangen kann. An meiner Dienststelle haben wir uns die Frage gestellt "Welche Relevanz hat der genaue Temperaturwert für den Anwender des HLF-Rucksackes?". Unsere Antwort darauf war, dass wir die Stirnthermometer aus den Rucksäcken entfernt haben. Warum?
Einen hochfiebernden Patienten, bei dem das Fieber auch einen relevanten Einfluss auf den aktuellen Zustand hat, erkennt man auch ohne Thermometer. Patienten die ich im Freien auffinde, aus einem Gewässer hole oder Traumapatienten im Allgemeinen gelten grundsätzlich als hypothermieverdächtig und sind mit geeigneten Maßnahmen des Wärmeerhalts zu versorgen. Selbst wenn man dazu einen exakten Wert hätte, würde er nichts an meinen Maßnahmen ändern. Auch für Covid-19 ist Fieber übrigens kein sicherer Anhalt. Und eine leicht erhöhte Temperatur ist notfallmedizinisch für den First Responder auch kein wirklicher Erkenntnisgewinn.
Der Temperaturwert wird dann interessant, wenn ich auch etwas gegen das Fieber tun könnte. Diese Möglichkeit gibt es für Notfallsanitäter und Notärzte. Auf den Rettungsmitteln, auf welchen dieses Personal inkl. der notwendigen Medikamente befindlich ist, ist zuverlässig auch ein Thermometer für Erwachsene und für Kleinkinder. Die Messung geht so schnell, dass es nicht ins Gewicht fällt, ob der Wert schon durch den First Responder oder erst durch den RTW erhoben wird.
Um trotzdem auf deine technische Frage einzugehen: Ich habe im Rettungsdienst mit Ohrthermometern gute Erfahrungen gemacht. Bis dato haben sie mir auch bei kalten Umgebungsbedingungen recht zuverlässig schlüssige Werte angezeigt. Auch bei Kindern kann man sie grundsätzlich gut einsetzen, da sie nicht so unangenehm wie die rektale Messung sind. Man muss nur individuell sehen, ob das Ohr des Kindes noch groß genug dafür ist. Ein zu tiefes Eindringen halte ich für praktisch ausgeschlossen. Für Kleinkinder ist im häuslichen Umfeld oft ein geeignetes Thermometer für die rektale Messung vorhanden, meist wird man bei fiebernden Kindern schon mit einem aktuellen Messwert empfangen.
Stirnthermometer haben, wie von meinem Vorredner schon gesagt, eine Abweichung nach unten hin und sind meiner Erfahrung nach etwas störanfälliger. Dafür haben sie den Charme des berührungslosen Messens, was bei der Kontrolle einer größeren Patientenmenge interessant sein kann. Bei allen elektronischen Thermometern muss man sich natürlich Gedanken um die Batteriepflege machen. Ggf. können Überprüfungen im Sinne eines Medizinproduktes nötig sein.
Hoffe geholfen zu haben.
Schöne Grüße,
Fabian
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