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RubrikKommunikationstechnik zurück
ThemaVerfügbarkeit der Mobilfunknetz bei Stromausfälle im Winter - war: Energiekrise    # 9 Beiträge
AutorJako8b E8., Düsseldorf / NRW879234
Datum04.10.2022 18:59      MSG-Nr: [ 879234 ]918 x gelesen

Im Hinblick auf nur partielle oder gar großflächig drohende Ausfälle der öffentlichen Stromversorgung (bis hin zu längerfristigen Blackout-Szenarien) müsste sich jeder BOS-Verantwortliche auf erhebliche Konsequenzen hinsichtlich der eigenen Einsatzdurchführungsunterstützungsmöglichkeiten sowie nur noch real verbleibende Telekommunikationsalternativen vorbereiten.

Da im einsatzbeeinflussenden BOS-Umfeld der Glaube oder die Hoffnung auf gewisse Kommunikationsreserven eher noch zunimmt, sollte mir ein wiederholter Erläuterungsversuch im Angesicht wachsender Risikogesichtspunkte erlaubt sein.

Der auslösende Ausfallgrund sollte nicht in den Vordergrund gestellt werden. Sondern u.a. präventiv planerisch zu vermeidende Kommunikationsdefizite bei der Einsatzdurchführung. Inbesonders dann, wenn kommerzielle Mobilfunkkommunikationsgrundlagen inzwischen (offen oder verdeckt) entscheidender Bestandteil einer BOS-spezifischen Einsatzsteuerung geworden ist. Soweit funktional im BOS-Tagesgeschäft überhaupt noch diesbezüglich differenziert wird?

Vor Ort (für die funktionsabhängigen Nutzer) liegen oft keinerlei Hintergrundinformationen mehr vor, wie z.B. dienstlich genutzte Telefonanschlüsse in Behördenliegenschaften (oder in ausgelagerten Standorten, Lagern, Unterkünften) überhaupt mit der Außenwelt verbunden wurden. Dadurch würden Störungsmeldungen bei der Supporthotline auf allgemeinaussagen beschränkt (wenn überhaupt noch ein kontakt zustande kommenwürde).

Wie kommunizieren Einsatzkräfte oder Funktionsrollen über Stunden oder gar Tage, wenn öffentliche Telekommunikationsgrundlagen (Festnetz/VoIP, Mobilfunk; und somit Internetzugriffe für aktuelle Informationsbeschaffungen oder Datenübertragungsoptionen einschließlich LAN oder Zugriffe auf Cloud-Optionen oder kommunalen IT-Provider) im Einsatzgebiet nicht (!) mehr zu Verfügung stehen. Also keine temporären oder zeitlich begrenzten Überlastsituationen (vgl. Silvestereffekt), sondern Totalausfalle!
Nicht nur in einem Straßenzug oder Gemeindeteil, sondern in benachbarten Stadtteilen; zum Teil auch flächendeckend im Kreisgebiet. Vergleichbare Kommunikationseinschränkungen sind vielen BOS-Einsatzkräften doch anlässlich der Hochwasserkonsequenzen aus 2021 noch bekannt. ODER?

Im Juli 2021 wurde doch an vielen Einsatzorten eindrucksvoll bestätigt, dass bisher oft nur theoretisch vermittelte Verfügbarkeitsaussagen, ein Verdrängen oder Verniedlichen, oder marketingorientierte Beschwichtigungsansätze (u.a. einzelner Mobilfunkanbieter) nichts mit der wahrgenommenen Netzverfügbarkeit zu tun hatten.

Telekommunikationsnetze bestehen aus drei Infrastrukturebenen:

BACKBONE (Vermittlungsknoten, Netzübergänge bzw. POI)

TRANSIT (Übertragungsstrecken wie Richtfunk, Glasfaser u.ä.)

ACCESS (Teilnehmeranschlussbereich, Verteile wie KVz/EVz, Basisstationen)


Damit ein Teilnehmerendgerät (Telefonapparat, xDSL-Modem, Handy/Funkgerät, Router/Switch, CabTV-Umsetzer, VoIP-Adapter, etc) erwartungsgemäß genutzt werden kann, müssen in sämtlichen tangierten TK-Ebenen bei allen involvierten TK-Elementen mindestens die lokale Stromversorgung unterbrechungsfrei (sonst Systemabsturz oder ggf. instabile Betriebszustände) gewährleistet sein. Sofern dazu benutzte Teilnehmerendgeräte (u.a. Telefonie-Adapter für Kabel-TV, oder UMTS-Telefonmodems) darüber hinaus nicht selbst schon auf eine dauerhafte Spannungsversorgung angewiesen sind.

Während in höheren Netzebenen (in Richtung BACKBONE) zumindest eine zeitweise USV-Option wahrscheinlicher (für wie lange?) wird, ist dies im ACCESS-Bereich (und teilweise auf der TRANSIT-Ebene) so gut wie nie der Fall. Teilnehmerzugänge werden somit sofort (!) unbrauchbar, wenn auf involvierten Übertragungsstrecken, z.B. innerhalb eines Netzknotenstandortes, die Stromversorgung komplett ausfällt! Ein IP-Routing hilft nicht, wenn irgendwo auf der Etappe ein single point of failure (SPOF) ohne physisch trassen-disjunkte Redundanz betroffen ist.


In einer Telekom-Präsentation (URL) anlässlich der Krifa 2017 (http://www.krifa.de/download-file?file_id=84&file_code=a3f25fa4a0) wird dies für Festnetzverhältnisse (gerade für Nichttechniker) anschaulich erläutert. Alternative Festnetzanbieter nutzen im Hintergrund ähnliche Technologiezusammenhänge. Entscheidend für das Ausfallrisiko sind u.a. fehlende USV-Optionen in den grauen Verteilerkästen (z.B.
MFG 12; https://www.sichert.com/wp-content/uploads/2019/05/Telekommunikationstechnik_SICHERT.pdf) am Straßenrand, welche für die Umsetzung vom Glasfaserzubringer auf die letzten Meter Kupferkabel (TAL) zum Hausanschluss sorgen. Solange keine MSAN-POTS-Anschlüsse (https://geschaeftskunden.telekom.de/hilfe-und-service/service-angebote/sonderdienste/erreichbarkeit) betrieben werden, wird auf den Kupferdoppeladern ein xDSL-Übertragungsprotokoll gefahren, worauf eine VoIP- oder SIP-Anschlussform abgebildet wird.

Abgesehen von punktuellen Infrastrukturausnahmen sieht es bundesweit beim kommerziellen Mobilfunk im ACCESS-Umfeld ähnlich aus. Zig-tausende Mobilfunkantennenstandorte verfügen über keinerlei Notstromalternative. Öffentlich versorgte Mobilfunkstandorte wurde u.a. faktisch der Saft abgedreht, weil zum Schutz der Bevölkerung vor Überspannungen in überfluteten Arealen hier und da die öffentliche Stromversorgung prophylaktisch abgeschaltet wurde.
Ein geladenes Handy reicht nicht, wenn weder lokal ggf. noch erreichbare Basisstationen (Coverage) und/oder die Übertragungsstrecken auf der TRANSIT-Ebene stromlos sind! Außerhalb klassischer GSM-Zeitschlitztechnik (ähnlich TETRA-BOS), sofern lokal-betrieblich noch (!) vorhanden, wird die Masse kleiner werdenden Zellradien für die LTE/5G-Coverage (und damit die zeitgleich stabil zu versorgenden IT-Komponenten sowie RAN/eNODE B) weiter zunehmen.

Im TAB-Bericht (17/5672) des Deutschen Bundestages wurde unter 2.1.4.3 zur Mobilfunkverfügbarkeit festgestellt (https://dserver.bundestag.de/btd/17/056/1705672.pdf):

Das Mobiltelefon ist bei einem Stromausfall nur bedingt ein Ersatz für das Festnetz. Hier sind zwar im Gegensatz zum Festnetz alle Endgeräte mit einer internen Stromversorgung versehen. Allerdings muss man mit relativ schnellen Ausfällen der Basisstationen (in etwa vergleichbar mit den Ortvermittlungsstellen im Festnetz) rechnen, sodass die Teilnehmer, die sich im Einzugsbereich dieser Basisstationen befinden, keinen Anschluss finden


Die Herausforderungen für Mobilfunknetzbetreiber in Krisensituationen werden von der internationalen Interessenvertretung (GSMA; https://www.itu.int/en/ITU-D/Regional-Presence/ArabStates/Documents/events/2017/ICT4DM/Presentations/Session4/GSMA%20-%20Disaster%20Preparedness%20and%20Response%20-%20session%204%20DT.pdf) keinesfalls verniedlicht, wobei es in der Präsentation Diseaster Preparedness and Response unmissverständlich heißt:

null Most mobile networks were not designed to provide mission critical communications during disasters".


Eine nicht ausreichende Verfügbarkeit gerade in Krisensituationen war ein Gesichtspunkt, warum Energieversorger & Co (http://www.feuerwehr-forum.de/s.php?m=860571) auf eine separate Mobilfunkinfrastruktur (450 Mhz) setzen, wenn für zeitkritische Instandsetzungsnotwendigkeiten (und deren überregionaler Abstimmung Netzleitwarte) innerhalb der öffentlichen Stromversorgung (https://www.bdew.de/media/documents/Stn_20190408_Mobilfunknetz-450-MHz-Frequenzbereich.pdf) unterwegs sind.


Es muss dabei sowohl im Normalfall als auch bei Großschadensereignissen, Naturkatastrophen oder großflächigen Stromausfällen sicher zur Verfügung stehen und es muss gegen Cyberrisiken geschützt sein. Öffentliche Mobilfunknetze erfüllen die Anforderungen (. . . des bdew, S.4) derzeit und auch perspektivisch in den 5G-Netzen nicht.


Warum also erneut diese Hintergrundvermittlung, bzw. deutliche Ermahnung, sich bei der eigenen BOS-Aufgabenerfüllung mal mehr, mal weniger auf die einsatzbezogene Nutzung öffentlich kommerzieller Telekommunikationsnetze zu verlassen. Hilfreich sicherlich wenn nutzbar, aber es sollte auch einen IuK-Einsatzplan B oder gar C geben!

Nur eine weitere oder alleinige Kommunikationsalternative wird kaum vielfältige Einsatzkommunikationsaufgaben abdecken. Sondern nur ein Mix verschiedenster IuK-Optionen, welche ausreichend vorher (?) zu trainieren und vor dem Hintergrund diverser AAO-Gesichtspunkte rechtzeitig vorher bekannt zu machen wären. In der Akutphase einer Krisensituation (vgl. Hochwasser 2021) ist es viel zu spät.

Solche örtlich passend zu gestaltenden, hauptsächlich im zeitlichen Vorfeld belastbar abzustimmenden und umsetzungsvorbereitend abschließend zu erledigenden IuK-Einzelmaßnahmen verlieren sich zu oft immer noch im Dreieck zwischen Zuständigkeit/Verantwortung Einsicht/Zielvorstellung, sowie tatsächlich unter Zeitdruck praktizierbarer Einsatzvorbereitung.

Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden.
Es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun. (Johann Wolfgang von Goethe)

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